Lilly Kuppenheim
Lilly Kuppenheim wird am 7. Dezember 1868 als Sybille Ehrmann in Heidelberg geboren. Dort betreibt ihr Vater Salomon Ehrmann mit seinem Bruder ein Herrengarderobe-Geschäft. Sie ist zweites von fünf Geschwistern, von denen nachweislich drei als junge Erwachsene vom Judentum zum evangelischen Glauben übertreten. Der älteste Bruder, Eugen (1867-1946), Dr. der Germanistik, überlebt knapp den Nationalsozialismus, die jüngste Schwester, Karoline (Lina) geschiedene Borchhardt (1873-1944) ist Künstlerin. Sie wird im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Januar 1944 verstirbt. Zwei weitere Geschwister leben nur bis 1924.
Lilly heiratet am 7. Januar 1892 den Pforzheimer Frauenarzt Rudolf Kuppenheim, späterer Medizinalrat und Leiter der gynäkologischen Abteilung des Siloah Krankenhaus. Er ist Spross des bekannten Pforzheimer Gold- und Silberwarenfabrikant Louis Kuppenheim. Zwei Söhne werden geboren, Hans und Felix Kuppenheim.
In späteren Jahren zieht das Ehepaar noch ihre ältere Enkelin Traute auf – ihre Mutter war im Kindsbett gestorben – und kümmert sich rührend um sie. Diese erinnert sich an das Credo der Großeltern: „Nie mehr scheinen wollen als man ist; immer auch an andere denken“.
Nach der Machtergreifung Hitlers wird Rudolf von seinem Posten als Chefarzt des Siloah entlassen, 1938 wird ihm die Approbation entzogen. Sie leben fortan sehr zurückgezogen.
Auf den 22. Oktober 1940 ordnet Gauleiter Robert Wagner die Deportation der badischen und pfälzischen Juden in die nicht besetzte Zone Frankreichs an. Die französische Regierung wird sie im berüchtigten Lager im südfranzösischen Gurs internieren.
Am 21. Oktober 1940 gedenkt das Ehepaar ihres 50-jährigen Kennenlernens, am nächsten Tag klopft die Gestapo an die Türe und befiehlt ihnen, sich innerhalb von zwei Stunden bereit zu machen.
Rudolf und Lilly jedoch breiten Kriegsorden und andere Auszeichnungen auf einem Samtkissen aus und schlucken tödliches Morphium. Als die Polizei zurückkommt, sind sie bereits bewusstlos. Sie werden ins Krankenhaus gebracht und versterben am Tag danach, dem 23. Oktober 1940.
Der Suizid des hoch angesehenen Ehepaars erregt in Pforzheim großes Aufsehen, und der Andrang bei der Beerdigung ist so groß, dass die Polizei den Friedhof absperren muss.
Nach ihrem Tod wird der Hausrat von Lilly und Rudolf Kuppenheim auf der Straße vor ihrem Haus verkauft.