Philipp Loebl
Philipp Loebl – genannt Pinkas – wird am 12. Dezember 1919 in Pforzheim geboren.
Er lebt mit seinen Eltern Fritz und Esther sowie den Geschwistern Gerda und Joseph in der Bleichstraße 18. Sein Vater ist Inhaber eines Manufaktur- und Aussteuergeschäftes in der Bleichstraße 22.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten beginnen die Verfolgungsmaßnahmen gegenüber dem jüdischen Bevölkerungsteil. Ausgrenzung und Diskriminierung nehmen ab 1933 stetig zu. Der von staatlicher Seite befeuerte Antisemitismus setzt auch die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Pforzheims zunehmend unter Druck. Am 27. August 1934 flieht die Familie nach Palästina.
Philipp besucht bis 1934 das Reuchlin-Gymnasium und schreibt später rückblickend über die Flucht nach Palästina:
„Mein Eltern beschlossen im Spätsommer 1934 Deutschland zu verlassen und nach Palästina auszuwandern, da sie glücklicherweise genügend Weitblick hatten, um die schreckliche Entwicklung vorauszusehen. Ich selbst war über diese Entscheidung damals eher unglücklich, ich liebte das Land, den Schwarzwald, hatte jüdische und nichtjüdische Freunde. (…) Ich war der einzige Jude in meiner Klasse, meine Schwester Gerda (…) lernte in einer Klasse unter mir (…). Ich entsinne mich noch gut an die Zeit, die der Machtübernahme vorausging, an die politischen Diskussionen in der Klasse, die in „Sozis“ – Zentrum – Deutschnationale und „Nazis“ gespalten war. (…) Die Beziehungen mit meinen Lehrern waren zur damaligen Zeit 1933 bis 1934 ziemlich korrekt, ich war ein guter Schüler, und daher geachtet. Das ging soweit, dass meine Schwester und ich, zum Abschluss der Untertertia Schulpreise bekamen. Der Preis für Vorzugs-Schüler war natürlich Hitlers „Mein Kampf“. Uns als Juden konnte man das doch nicht geben, so bekamen wir „Hindenburg als Mensch, Feldherr und Staatsmann“ und einen Fotoapparat. (….) Es wurde jedoch langsam schlimmer, der Arierparagraph wurde eingeführt, die Mitschüler wurden plötzlich alle Nationalsozialisten. Ich verließ das Gymnasium und besuchte bis zu unserer Auswanderung die damals daneben liegende Handelsschule. Was für eine seelische Belastung dieses plötzliche „ausgestoßen“ werden, dieser Abbruch von langjährigen Freundschaften, für einen jungen Menschen im Entwicklungsalter bedeutet, ist nur sehr schwer zu beschreiben. Ich war einfach unglücklich und deprimiert, ich nehme an, dass diese Entwicklung meinen ganzen späteren Charakter geformt hat. Vor unserer Abreise wanderte ich oft auf den Pforzheim umliegenden Hügeln herum und nahm schweren Herzens Abschied von meiner damaligen Heimat und meinem Zuhause.
Wir, meine Eltern, meine Schwester und ein jüngerer Bruder kamen mittellos in Palästina an, es war ein unvorstellbar schwerer Übergang, aus dem schönen kühlen Schwarzwald, in das damals noch völlig unterentwickelte Land mit tropischem Klima (..)“
Der Neuanfang ist für die ganze Familie sehr schwer. Philipp muss seinen eigentlichen Wunsch, Arzt zu werden, aufgeben. Er absolviert eine Ausbildung zum Schreiner und führt später ein Einrichtungshaus. In Palästina trifft er Trude Marx wieder, die er bereits aus Pforzheim kennt. Sie heiraten und bekommen zwei Söhne, Alon und Eldan.
Sein Vater Fritz Efraim stirbt bereits 1965, seine Mutter Esther Ella im Jahr 1981. Philipp stirbt am 2. November 2001 in Israel. Seine Kinder, Enkel und Urenkel leben bis heute in Israel.
Autor: „Geschichte aktiv“ Hilda-Gymnasium