Willhelm Bollmann
Wilhelm Bollmann ist am 2. September 1895 in Karlsruhe geboren. Er studiert Theologie in Heidelberg, ist im Ersten Weltkrieg vier Jahre lang Soldat, ab 1922 als Vikar an der Mittel-Schlosspfarrei in Karlsruhe tätig, später in Karlsruhe in der Oststadt und in Mühlburg und 1927 kurzfristig als Vertretung am Krankenhaus Gaggenau.
Bollmann übernimmt ab 1. Oktober 1927 in Pforzheim die Pfarrei im Arbeiterviertel Buckenberg. Er ist wie die früheren Vikare in Pforzheim, Erwin Eckert und Heinz Kappes, und Pfarrer Güß in Stein Mitglied des „Bundes der Religiösen Sozialisten“. Diese Gruppe innerhalb der evangelischen Landeskirche stellt den sozialen Auftrag der Kirche in den Mittelpunkt und steht der SPD* und den Gewerkschaften nahe. So tritt Bollmann 1932 in Pforzheim und Umlandgemeinden regelmäßig als Redner der „Eisernen Front“* auf, einem Zusammenschluss von SPD, freien Gewerkschaften, Arbeitersport- und Arbeiterkulturvereinigungen zur Verteidigung der Republik gegen die wachsende faschistische Gefahr.
Die „Religiösen Sozialisten“ warnen früh vor dem Hakenkreuz, denn es bedeutet – so in einem beinahe prophetischen Aufruf am 10. Juli 1932: „Hass, Gewalttätigkeit, Recht des Stärkeren, Herrenmenschentum, Ausmerzung der Schwachen … Völkerverhetzung und Krieg, Zerstörung und Untergang“.
Die hohe Arbeitslosigkeit infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 und die zunehmende Jugendkriminalität veranlassen ihn zu tätiger Nächstenliebe. Von 1930 an bekommen oft über 100 Kinder nachmittags Milchkaffee, Kommissbrot und Zwetschgenmus – häufig die einzige tägliche Mahlzeit. Die Aktivitäten der NSDAP und das Verhalten der Kirchenleitung machen den sozialen Tätigkeiten bald ein Ende.
Die Nazis verbieten den Bund der Religiösen Sozialisten am 18. Juli 1933. Nach Auskunft der Tochter Doremarie wird ihr Vater mehr als einmal beim Oberkirchenrat vorgeladen, „weil er für Hitler nicht gebetet hatte“. Am 7. April 1935 „überlegt“ die badische Kirchenleitung, dass man Bollmann „unter Umständen nicht decken könne, wenn der Staat gegen ihn vorginge“. Am 1. August 1935 versetzen ihn die Kirchenoberen von Pforzheim weg nach Karlsruhe-Hagsfeld.
Am 26. August 1939 muss der Vater von vier Kindern zur Wehrmacht, wird Hauptmann, erhält das Eiserne Kreuz I und II und „stirbt“ am 16. Januar 1942 an der Ostfront.
Autoren: Brigitte und Gerhard Brändle
Weitere Informationen zum Thema „Widerstand im Raum Pforzheim“ findest du hier (externer Link).